Als Salomon Pollak kam er 1914 in Mährisch Aussee, damals noch Österreich-Ungarn, zur Welt; in der nach 1918 tschechischen Umgebung wurde daraus Vlastimil – »der Vaterlandsfreund« – Artur Polák. Seine geistige Heimat fand Polák jedoch in der klassischen deutschen Literatur und den jüdischen Überlieferungen; sein Vorfahr Eleasar Löw, Schemen Rokeach II (1758–1837), war ein bedeutender Rabbiner gewesen. Ab 1928 lebte Polák in Olmütz, vorübergehend als Buchhalter, dann wieder arbeitslos; einige Monate auch in Wien. Bereits ab Mitte der dreißiger Jahre hatte er nach epigonalen Versuchen mit traditionellerer Lyrik und sogar einem Drama begonnen, politische Gedichte zu schreiben, die sich unter anderem gegen die Sudetendeutsche Partei Konrad Henleins und dessen Gesinnungsgenossen richteten. Seinen obligatorischen Grundwehrdienst in der tschechoslowakischen Armee trat er im Oktober 1936 an und verlängerte ihn in der Krisenzeit nach dem Münchner Abkommen freiwillig. Am 15. März 1939 rollten deutsche Panzer durch Prag, und Gestapo und die Nürnberger Gesetze hielten überall Einzug. Auf diese Ereignisse, auch schon auf die brennenden Synagogen im Herbst 1938 im Sudetengebiet, reagierte Polák unmittelbar in Gedichten. Im März 1939 wurde Vlastimil Artur Polák vorübergehend verhaftet; in den Jahren 1939 bis 1941 wurde er zur Zwangsarbeit bei der Regulierung des March-Flusses eingesetzt. Die Ehe mit einer nicht-jüdischen Tschechin scheint zunächst ihn zunächst vor Schlimmerem bewahrt zu haben. Allerdings wurde sein junger Schwager Milan Kabát als Widerstandskämpfer verhaftet und im Mai 1944 in Breslau hingerichtet, zwischendurch hatte er heimlich bei den Poláks gewohnt. Im Oktober 1944 wurde dann Vlastimil Artur Polák selbst verhaftet und zusammen mit anderen Juden in Prag-Strašnice auf dem Gelände des jüdischen Sportvereins Hagibor interniert und von dort aus im Januar 1945 nach Theresienstadt deportiert. Umgeben von täglichem Leid, in Erwartung auch der eigenen Ermordung, schuf sich Vlastimil Artur Polák hier im Schreiben einen Bezirk der Freiheit: in Versen des Trostes und der Liebe, der Verzweiflung und des Trotzes. Polák, Mitglied einer geheimen Widerstandsgruppe im Ghetto, überlebte; seine Gedichte konnte er retten. Spätestens im Zuge der kommunistischen Machtübernahme 1948 gab es in der Tschechoslowakei jedoch kein Publikum mehr für einen deutschsprachigen jüdischen Dichter. Als solcher war er dem Regime gleich in zweifacher Hinsicht unwillkommen. Bis in die siebziger Jahre war Polák bei der Eisenbahn angestellt und schrieb in diesen Jahrzehnten in einer Art »Innerer Emigration« Texte nur »für die Schublade«. Die »Samtene Revolution« von 1989 konnte Polák aber noch feiern, auf Vacláv Havel verfaßte er eines seiner letzten Gedichte. Erst nach seinem Tod am 9. März 1990 in Olmütz trat Poláks ganzer schöpferischer Reichtum zutage, sein Nachlaß umfaßt viele Hundert Gedichte. Zum bestimmenden Thema seiner Dichtung wurden erst die Eindrücke in Theresienstadt und dann zeitlebens sein »Schreiben nach Auschwitz«. Daneben hinterließ er eine große formale und inhaltliche Bandbreite an Gedichten, darunter auch Alltagstexte und immer wieder auch erotische Lyrik.

 
Vlastimil Artur Polák
Vlastimil Artur Polák
im Arco Verlag